Mittwoch, 27. Mai 2015

Dad-Bod, Mum-Bod, Human-Bod?


Der Dad-Bod-Trend ist nicht zu entgehen: Laut dieser sind Männer mit Bauchansatz begehrenswert, die die Dad-Bod Diät des New York Times Magazines folgen (Energie-Getränke, geschmolzene Käse, Doritos). Wie bei vielen Trends gab es den Dad-Bod immer schon, nur dass man bisher keinen Namen für ihn hatte. Interessant ist dennoch, wie schnell der Begriff es um die Welt schaffte, sei es, weil er die User dazu brachte, darüber nachzudenken, was heute einen wertvollen Körper ausmacht - oder weil sie sich einfach ausgemalt haben, wie es wäre in der Sonne auf Leonardo di Caprios Brust zu liegen. 

Tatsächlich ist der Dad-Bod nur einer von einer Reihe 'neuer' Körperkategorien. Da wäre der Boho-Bod, der Gisele, der Soft-Bod und der Feminst-im-Urlaub-Bod. Nach dem Dad-Bod folgten wie zu erwarten Aufrufe nach dem Mum-Bod: Mütter haben es angesichts der Perfektionsansprüche der heutigen Zeit nicht leicht - nun müssen sie nicht mehr perfekt sein. 

Mit Hashtags wie #youcreatedlife und #beproud feiern die nun ihre Körper samts Fotos von Kaiserschnittnarben als Zeichen der Stärke und des Wunders, Mütter geworden zu sein (oder zelebrieren ihre Schwangerschaftsstreifen mit #LoveYourLines). Die üblichen BuzzFeed Listen, heuchlerischen Tabloid-Fotostrecken und satirischen YouTube-Videos folgten, darunter Move Over Dad Bod, Mom Bod is The New Hot Bod

Hot - wie Kate Middleton. Die sah unmittelbar nach der Geburt von Tochter Charlotte aus, als sei sie gerade zum Spa-Besuch auf den Malediven gewesen. Auffällig ist, wie viele Mum-Bods sich auf Twitter und Instagram in Sportkleidung präsentieren: mit hochgezogenen Shirts, hier und da ein Speckröllchen - aber offenbar mit dem Ziel, diese zu verbrennen. Während beim Mann weiterhin Gleichgültigkeit herrscht, diktiert bei den Frauen also weiter die Selbstoptimierung. 

Und was ist mit den Frauen, die Cellulite und Puddingarme nicht als Folge einer Schwangerschaft haben, sondern weil sie gelebt haben? Etwa... eine Pizza gegessen haben? Ob Dad-Bod oder Mum-Bod: Der weibliche Körper sollte nicht nur Makel haben dürfen, nachdem er ein Kind zur Welt gebracht hat. Der Dad-Bod gilt schließlich auch für Nicht-Väter - sehe Leonardo di Caprio, dessen Körper auch so bedingungslos geliebt wird.

Während kinderlose Frauen vom Mum-Bod-Trend ausgeschlossen werden, kehrt er sich in das Gegenteil dessen um, was er eigentlich sein will: ein Trend, der alle realistischen Körperbilder einschließt. Wie wäre es da mit dem neuen Hype #Human-Bod?

Sonntag, 10. Mai 2015

Abwarten und Tee trinken


Zwei Wochen nach Erscheinung bringt die Post ein verspätetes Exemplar einer deutschen Wochenzeitung. Interessant, alte Nachrichten zu lesen, nach den bedeutenden letzten Wochen. Auf den Politikseiten taucht Labour-Chef Ed Miliband auf, der, laut der Zeitung, „der nächste britische Premier werden könnte“. Im Wirtschaftsbuch erscheint ein Text mit den drei potentiellen Wahlausgängen der britischen Parlamentswahl. Keiner von diesen Einschätzungen war richtig.
Wie kann es passieren, dass erfahrene Korrespondenten sich bei einem so wichtigen Ereignis vertun? Ich will nicht sagen, dass ich weiser bin: Auch ich nahm die Vorhersagen ohne weiteres an, die besagten, dass keine Partei die absolute Mehrheit gewinnen würde. Doch selbst von der Ferne war zu erkennen, dass Miliband es nicht schaffen würde, Premierminister zu werden. In einem Land, in dem spätestens seit Tony Blair klar ist, dass Charisma vor politischer Weitsicht liegt.
Tatsächlich war bereits vor einem Jahr klar, dass das angebliche „no chance“-Ergebnis einer Tory-Mehrheit im neuen Parlament Chancen hätte. Stattdessen überzeugten uns die Meinungsforscher, dass diese Prognose falsch sei. Und versäumten es – nicht zum ersten Mal - die „shy Tory“-vote aufzunehmen: die Stimmen der Wähler, die vorhatten, die Konservativen zu wählen aber dies offenbar nicht zugeben wollten.
Ist dies überhaupt wichtig? Aber ja: Umfragen können Wahlergebnisse beeinflussen. Siehe die Umfragen in den Wochen vor dem schottischen Referendum. Die sorgten für Panik in Westminster – und für einige möglicherweise unnötigen Zugeständnisse. Lieber sollte man sich auf tatsächliche Stimmauswertungen verlassen als auf unzuverlässige Umfragewerte. Zumindest bat ein User des sozialen Netzwerks Reddit, alle konservativen Nutzer zu erläutern, weshalb sie Tory am 8. Mai gewählt hätten? Diese lobten die Arbeit ihrer konservativen Abgeordneten und die bessere finanzielle Lage ihrer Familien unter Cameron. Die Wahl zeigt: Sie wurde aus den gleichen Gründen wie sonst in UK gewonnen - wegen der Wirtschaft und der politischen Führung. 

Mittwoch, 4. März 2015

Kick the Tablet


Es wird immer wieder behauptet, dass Tablets und Smartphones schlechte Spielzeuge für Kinder sind. Dass sie mit ihren bräsigen Spielchen die kindliche Hirnentwicklung gefährden. Die Kritiken und Sorgen sind verständlich. Doch eine Sache wird in den Debatten vergessen: wie Kinder die Geräte gefährden!
Ich habe es selbst erlebt. Der Sohn möchte ein Filmchen gucken. Man will das Kind zur Selbstständigkeit erziehen (oder man ist zu faul, das Sofa zu verlassen, das ist Interpretationssache). Der Sohn zieht das iPad aus der Schutzhülle und plumps! – schon landet es auf dem Holzfußboden. 
Dann wäre der Touchscreen: Der nun mal berührt werden muss, damit etwas passiert. Kinder sind von Natur aus neugierig, weshalb sie gerne einen Bildschirm anfassen. Und am liebsten vorher irgendeiner mysteriösen Substanz (Schlamm, Wackelpudding..), der sich in verschmierten Fingerabdrücken auf dem bis dahin fleckfreien Glas manifestiert. 
Selbstverständlich werden in unserem Haushalt akribisch Hände geschrubbt – und das Tablet nun auch. Dazu kommt, dass die Koordination eines 4-Jährigen nicht die einer 40-Jährigen gleicht. Was völlig okay ist, wenn man ein Stofftier in den Arm hält aber heikler, wenn man mit einem Gerät, das einige hundert Euro wert ist, stolpert (am liebsten dann, wenn man als Erwachsene gerade ruft: „Du sollst doch nicht damit rumlauf-“).
Während das Kind sich in Sekunden von dem Stupser gegen die Tischkante erholt, braucht das Gerät eine ausgedehnte Genesungszeit und kehrt nach Hause mit einer exorbitanten Reparaturrechnung. In anderen Fällen ist nichts mehr zu retten: Eine britische Tageszeitung listete jüngst Beispiele für den kindlichen Umgang mit Tablets. Die Liste toppte für mich ein Junge, der ein Fußball in das iPad kickte, während er sich dabei filmte. Oder der, der das Gerät mit in die Badewanne nahm. 
Da ist die Lage bei uns zu Hause nichts gegen. Hier werden seit einiger Zeit Filme mit einem Riss im Bildschirm geschaut.